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Die Suchmaschine der nächsten Zukunft

 


 

2. Oktober 2009

Bevor die Freidemokraten in punkto Bürgerrechte umfallen und bei der Merkeline zu Kreuze kriechen - ich bitte Sie, ein Stehaufmännchen muss doch erst umfallen, bevor es wieder Stehaufmännchen spielen kann! - also bevor das passiert, trete ich mit einem Vorschlag an die Beteiligten heran, der das ganze Problem mit einem Schlage zunichte macht. Keinen Streit wird es geben, alle werden zurecht behaupten können, ihre eigene Position durchgesetzt zu haben und einmütig geht es dann ans Regieren. Das Einzige, das im Internet gesperrt werden muss, sind die internationalen Suchmaschinen und um diesen Verlust auszugleichen, wird die Schaffung einer rein und typisch deutschen Suchmaschine vorgeschlagen, die aus gutem Grunde den Namen ihres größten Fans tragen sollte:

 

 

Welch eine auserlesene Gelegenheit wäre das, Freiheitssinn und Bürgernähe zu demonstrieren! Daten, auf die bisher nur die Behörden Zugriff hatten, werden für jeden zugänglich gemacht, der Behördenapparat kann abgeschlankt werden zugunsten der Heerscharen der Privatschnüffler, Schnüffeltools werden direkt verlinkt, alle deutschen Computer vernetzt, sodass Links wie 'Computer des Nachbarn' oder gar 'Alle Computer' einen extra Suchauftrag überflüssig machen. Die Stunde der Wahrheit für all diejenigen, die immer so lautstark behaupten, sie hätten nichts zu verbergen, hat dann geschlagen. Der Sprachgebrauch wird insofern geändert, dass nicht mehr gegoogelt, sondern ganz im Gegenteil geschoogelt wird. Einträge in die Zentraldatei können jetzt auch von Privatschnüfflern vorgenommen werden, zwecks diesen Behufes ist die Zentraldatei direkt verlinkt. Auch ist es möglich, mißliebige Nachbarn beim Einwohnermeldeamt zu streichen und sie danach postwendend als ungemeldet anzuzeigen. Ein jeder wird so beschäftigt sein mit dieser Art sinnfreier Beschäftigung, dass niemand mehr Zeit oder gar die Kraft hat, sich mit der Politik auseinanderzusetzen, die Politik kann also, viel mehr noch als bisher, machen, was sie will. Im vorliegenden Falle braucht sie für nichts mehr Verantwortung zu tragen, sie hat den mündigen Bürger geschaffen und überlässt ihn seinem Schicksal, denn er ist ja mündig geworden, indem er schlichtweg mündig erklärt worden ist. Der Ruf: 'Alle Macht dem Volke!' bekommt eine ganz neue Bedeutung, ein jeder wird in die Lage versetzt, unter Respektierung seines persönlichen Charakters und seiner persönlichen Fähigkeiten Macht auszuüben. Der Bundestrojaner wird auf wahrlich demokratische Art und Weise Realität, ein jeder hat die Möglichkeit, sein Steinchen zum Gelingen beizutragen. Auch das leidige Problem der Arbeitslosigkeit wäre mit einem Streich gelöst. Aber auch andere gesellschaftliche Folgen sind nicht zu unterschätzen:

Der Zusammenhalt und das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der deutschen Familie wird in nicht unerheblichem Maße gestärkt, indem gegen die böse Aussenwelt, repräsentiert durch die Nachbarn, Front gemacht wird. Das sorgt nicht zuletzt für den sehnlich erhofften Kindersegen. Denn jede Familie erhält aus einem staatlichen Förderungsprogramm einen speziellen Schlafzimmercomputer, auf dem Pornos freigegeben sind, zur Nachtzeit wenigstens. Das dient der Entspannung, die eben auch ihre natürlichen Konsequenzen hat, denn das deutsche Onlineleben wird sehr anstrengend werden. Wer die Suchoption 'Das Web' wählt, muss aber nicht glauben, mit einem Überbleibsel von Suchmaschinen wie etwa Google zu tun zu haben. Diese Option verschafft Zugang zum eigens eingerichteten deutschen Web, das für einen rechtgearteten Deutschen auch genug des Guten sein sollte. Die internationale Schmutzfinkerei hat in deutschen Familien nichts zu suchen. Die deutsche aber auch nicht! Deshalb ist das deutsche Web bis in die Spitzen reguliert, Pornos gibt es deshalb nur noch nachts, wenn die Kindlein entweder schlafen oder gerade gemacht werden.

Für die spielwütige Jugend ändern sich nur Kleinigkeiten: Die Gegner sind entweder Taliban oder Al-Quaida und der Oberschurke ist Osama Bin Laden, der nie auch nur eine Sekunde ohne den erhobenen Zeigefinger zu sehen ist. Diesen gilt es insbesondere zu treffen, das gibt fette Bonuspunkte und im Übrigen sind die Spiele so programmiert, dass, egal wie dumm man sich beim Spielen anstellt, man immer gewinnt. Der Aufklärungsunterricht wird der Biene Maja überlassen, das ist bei einer schwarz-gelben Koalition nicht mehr als logisch. Jedoch sollte immer bedacht werden, ob es nicht wirklichkeitsnäher wäre, wenn die Jugendlichen die Erwachsenen endlich in die Geheimnisse des Geschlechtslebens einführen würden. Denn die Jugendlichen könnten den Erwachsenen etwas vom Pferd erzählen, während sich die Erwachsenen mit der Biene Maja begnügen müssten, systemkonform, wie sie nun einmal sind.

Die Vorratsdatenspeicherung könnte abgeschafft werden, wenn man dem Bürger das Schnüffeln überlässt und diesen noch noch extra motiviert, dieses zu tun. Zu diesem Zwecke liegen auf jedem Rathaus ganze Spindeln voller CD-Roms bereit zur Abholung, die, nachdem sie mit Informationen gefüttert worden sind, ebendort wieder abgegeben werden können. Als Lohn erhält der Privatschnüffler entweder einen spürbaren Nachlass bei den Lohnsteuern, Betriebskostenabzug käme da in Frage, oder einen Zuschuss zu Hartz IV bzw. zur Sozialhilfe. Auch der große Lauschangriff könnte, vorausgesetzt, die Schnüffeltools werden weiterhin vom Staat subventioniert, ganz in die Hände der Privatschnüffler gelegt werden. Die Auswertung der gesammelten Daten wäre dann Sache des Geheimdienstes, der ja in Sachen verdeckte Ermittler eh schon sehr geübt ist. Der Schutz der Privatsphäre bekäme endlich seine wahre Bedeutung, die Privatsphäre der Privatschnüffler ist ja schließlich unantastbar und Deutschland wäre auch international als wahrlich liberales Land fein heraus. Ein jeder hätte in diesem Szenario die Freiheit, das zu tun, was ihm bzw. ihr Spass macht, denn die wahre Freiheit besteht darin, dem Land auf Kosten seiner Mitbürger vorbehaltlos zu dienen. Erst in diesem Moment könnte Herr Schäuble sich entspannt zurücklehnen, sein sehnlichster Wunsch hätte sich bewahrheitet und nichts kann den Ausruf mehr stoppen: Es ist vollbracht!

 


 

 

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