Szene eines Dramas


Herr Eins und Herr Zwei treffen sich zufällig in einem Lokal
Herr Eins: Na sowas, Sie hier, das nenne ich aber eine Überraschung!
Herr Zwei: Tja, was soll ich sagen, Sie hier, das wundert mich ganz und gar nicht, Sie Lokalgröße, Sie!
Herr Eins: Jetzt übertreiben Sie aber schamlos, ich muß Ihnen sagen, dass ich nicht nur im Lokal Größe zeige!
Herr Zwei: Jaja, ich weiss, Sie stehen auf dem Sprungbrett in die hohe Politik. Hätten Sie damit nicht besser gewartet, bis Gras über die leidige Afghanistan-Geschichte gewachsen ist? Die Taliban erreichen doch eh schon, was sie wollen, sie untergraben die Autorität der deutschen Politiker, keiner ist sich doch seines Amtes mehr sicher!
Herr Eins: Sie neigen heute ja wirklich zu Übertreibungen, das bin ich von Ihnen gar nicht gewöhnt. Ist Ihnen eine Laus über die Leber gelaufen?
Herr Zwei: Nein.
Herr Eins: Dann ist es gut. Also, hören Sie, bis jetzt musste noch kein Politiker seinen Hut nehmen, naja, der Jung schon, aber den nenne ich keinen Politiker, dieses Stehaufmännchen vom Chefkoch!
Herr Zwei: Vom Chefkoch???
Herr Eins: Das ist der MiPrä aus Hessen.
Herr Zwei: Der MiPrä? Achso, jetzt verstehe ich, der Koch aus Hessen, ja klar, der Chefkoch, köstlich, dieses Bonmot! Ist das sozusagen Insider-Dialekt, das müssten Sie doch wissen, Sie sitzen jetzt ja an der Quelle?
Herr Eins: Nun ja, der Sprachgebrauch färbt eben ab, das geht ganz automatisch, ich sage Ihnen, wenn ich in der Öffentlichkeit spreche, muß ich mich unheimlich zusammen nehmen, dass ich nicht in diesen Dialekt verfalle.
Herr Zwei: Was denken Sie denn so als angehender Politiker über Afghanistan?
Herr Eins: Das ist ganz einfach, entweder wir bleiben dort oder wir ziehen uns zurück, Herr Ober, zwei große Bier bitte! Sie wollen doch auch eins?
Herr Zwei: Ja, gerne. Aber was denn nun, bleiben oder zurückziehen?
Herr Eins: Beides ist möglich, das können wir aber gar nicht alleine entscheiden, das muß in enger Abstimmung mit der NATO und den USA passieren, persönlich bin ich ja für Zurückziehen, aber wer bin ich in diesem riesenhaften internationalen Räderwerk? Ein ganz kleines Licht, das sage ich Ihnen.
Herr Zwei: Also doch nur eine Lokalgröße?
Der Ober bringt das Bier
Herr Eins: Na denn, Prost erstmal!
Herr Zwei: Prost!
Herr Eins: Hm, lecker! Nun ja, wissen Sie, ich will schon hoch hinaus, mindestens Minister werden, aber man muss immer mit den Rudern rudern, die man zur Verfügung hat. Und wenn man schon mal lügen muss, dann muss man sich vorher verdammt gut absichern, für alle Fälle, und immer dafür sorgen, dass man zwei oder drei Großkopfete zur Hand hat, auf die man die Verantwortung abwälzen und sie dann entlassen kann. Manchmal ist das ein schmutziges Geschäft, das sage ich Ihnen.
Herr Zwei: Sie meinen, so etwas, was der Guttenberg gerade veranstaltet?
Herr Eins: Ich nenne keine Namen, aber schauen Sie sich um, wen haben Sie denn sonst im Visier?
Herr Zwei: Ach, ich denke mal, die Kundus-Affäre reicht bis in die Regierungsspitze, das wird sich ja im Untersuchungsausschuß herausstellen, meinen Sie nicht?
Herr Eins: Möglich ist es, das heisst, herausstellen wird es sich, aber ob es auch Folgen haben wird, das sei erst einmal dahingestellt. Wissen Sie, die Macht hat ein Eigenleben, das reizt mich ja so an der Politik. Jetzt muß ich aber erst mal schauen, daß ich bei den Kommunalwahlen eine gute Figur abgebe und im Stadtrat eine hohe Position bekomme. Von da aus geht es Richtung Landesparlament und dann Richtung Bundestag. Ich setze mir keine Grenzen und auch mein Ehrgeiz ist grenzenlos. Ich schaffe das schon, denn ich bin auch einer, der sich in allen Situationen perfekt absichert.
Herr Zwei: Das glaube ich Ihnen gerne, noch ein Bier?
Herr Eins: Ja, gerne, Herr Ober, nochmal dasselbe bitte!
Herr Zwei: Ich finde es schon schade, wenn Sie uns verlassen werden. So angenehme Gesellschaft wie Sie findet man nicht so leicht wieder.
Herr Eins: Vorläufig bleibe ich Ihnen noch erhalten, der ganze Plan ist ein Mehrjahresplan, der auch die nötige Geduld voraussetzt. Abgesehen davon, was hindert Sie, in mein Team zu kommen? Gebrauchen könnte ich Sie schon und seien Sie unbesorgt, Sie würde ich nicht als Alibi mißbrauchen.
Herr Zwei: Ach nein, lassen Sie nur. Ich lebe gerne hier, ich bin sozusagen verwachsen mit dieser Kleinstadt, aber ich bedanke mich für das Angebot. Spielen Sie eigentlich noch Trompete?
Der Ober bringt das Bier
Herr Eins: Na denn, Prost erstmal!
Herr Zwei: Prost!
Herr Eins: Nein, ich spiele nicht mehr, meine Frau bekommt davon Migräne und wenn sie Migräne hat, wird sie unerträglich!
Herr Zwei: Schade, aber ich verstehe Sie. Das kenne ich von meiner Frau auch, kaum passt ihr etwas nicht, schon hat sie Migräne. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was für einen katastrophalen Migräneanfall sie bekäme, wenn sie erführe, dass Sie mir vorgeschlagen haben, Ihrem Team beizutreten. Schon deshalb sage ich lieber Nein.
Herr Eins: Wir unterhalten uns noch einmal über die ganze Sache, ok? Halten Sie sich doch Ihre Möglichkeiten offen!
Herr Zwei: Wir werden sehen, prost!
Herr Eins: Prost!

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